Heuqualität
Ein Problem, viele Antworten
Grundsätzlich muss man beim Heu zwischen zwei verschiedenen Qualitätskriterien unterscheiden: der botanischen und der hygienischen Qualität des Heus. Die hygienische Qualität des Heus orientiert sich an der Anzahl der Keime, Bakterien und Pilze. Hauptursächlich für gesundheitliche Probleme sind hygienische Verunreinigungen des Heus. Durch Pilze und Keime kommt es im Pferdedarm zu Aufgasungen. Die botanische Qualität bezeichnet den Nährwert, den das Heu hat. Mit anderen Worten: die Vielfalt der Gräser und Kräuter, die Mineralien, den Eiweißgehalt und die Nährstoffe.
An der Frage, ob und warum die Qualität des Heus abnimmt, scheiden sich die Geister – in der Pferdewelt und noch stärker in der Landwirtschaft. Darin, dass die Qualität zunehmend ein brisantes Thema ist, sind sich alle Experten einig. Lediglich die Ursachen und mögliche Lösungsansätze scheinen noch nicht ausreichend geklärt zu sein. Dr. Buchgraber sieht ein großes Problem in der Unwissenheit der Stallbesitzer. „Teilweise ist die Qualität des Heus ganz schlimm. Überhaupt in Betrieben ohne landwirtschaftlichen Hintergrund. Da wird oft nur auf den Preis geschaut, von Qualitätskriterien hat man keine Ahnung.“
Viele Reitställe haben heutzutage keinerlei landwirtschaftlichen Hintergrund mehr. Dadurch produzieren sie auch das Pferdeheu nicht selbst, sondern beziehen es von externen Heulieferanten. Und wie überall in der freien Marktwirtschaft bestimmt auch hier die Nachfrage den Preis: Wenn Einsteller zu desinteressiert oder zu unwissend sind, um die Heuqualität zu hinterfragen, besteht die Gefahr, dass hier gespart wird. Oder dass gute Qualität nicht wirklich geschätzt und entsprechend honoriert wird. So oder so entwickelt sich eine Qualitätsspirale nach unten. Bewusstseinsbildung ist daher der erste Schritt auf dem Weg zu einem besseren Grundfutter.
Ebenfalls ein großes Problem stellt der häufig zu tiefe Schnitt dar: Um mehr Ertrag zu erhalten, stellen manche Produzenten das Mähwerk zu tief ein. Dies hat zur Folge, dass Verunreinigungen, die sich nahe dem Boden halten, in das Heu gelangen und beim Pferd ernstzunehmende allergische Reaktionen und Atemwegserkrankungen verursachen können. Wird bei der Ernte Erde in das abgemähte Gras hineingemischt, wird zudem das Trocknen sehr erschwert. Eine Schnitthöhe von mindestens 5 bis 7 cm ist einzuhalten.
Auch Prof. van den Hoven räumt den Heuproduzenten eine gewissen Verantwortung an der schlechten Entwicklung des Heus ein: „Es mangelt den Landwirten an Wissen, wie man gutes Heu für Pferde herstellt.“ Laut van den Hoven müsse man die Landwirte mehr dahingehend schulen, wie qualitativ hochwertiges Heu für Pferde hergestellt wird und ihnen vor allem klarmachen, dass es einen großen Unterschied zwischen Futter für Rinder und Futter für Pferde gibt.
Wichtig ist auch, das Heu nach der Ernte zunächst für einige Wochen lagern zu lassen. „Heu und bis zu einem gewissen Grad auch Stroh durchlaufen nach der Ernte eine ,Schwitzphase‘, die sechs bis acht Wochen dauert. In dieser Zeit darf das Erntegut aufgrund der hohen mikrobiellen Aktivität nicht verfüttert werden. Die Mikroben erzeugen durch ihren Stoffwechsel im Heustock Wärme, bei sehr feucht eingefahrenem Material bekanntlich bis hin zur Selbstentzündung des Heus. Aus dem sich erwärmenden Heustock tritt Schwitzwasser aus, das die Möglichkeit haben muss zu verdunsten. Sehr dicht gepacktes oder mit Plastikfolien abgedecktes Material kann nur ungenügend schwitzen und bleibt vor allem im Kern zu feucht – mit der Folge, dass sich dort Schimmelnester bilden.
Heu aus dem ersten Schnitt hat einen höheren Rohfasergehalt und wird von Pferden bevorzugt. Doch auch ein Zuviel an Rohfaser ist nicht gut. Holziges, sperriges Heu kann neben Kolikanfälligkeit, einer erhöhten Empfindlichkeit für Durchfälle und Kotwasser auch die Entstehung von Hufrehe begünstigen.
© Elke Hellmich
Möchte man sich als besorgter Pferdebesitzer nicht nur auf die eigenen Sinne verlassen, sondern auf Nummer sicher gehen, empfiehlt Johann Krammel, eine Feuchtigkeitsmessung im Ballen durchzuführen. Qualitativ hochwertiges Heu solle nach der Ernte (nach der Trocknung auf dem Feld) laut Dr. Buchgraber keinesfalls über 14 % Feuchtigkeitsanteil haben, sonst drohe es schnell zu schimmeln. Die wohl sicherste Methode zur Feststellung der Heuqualität ist die Analyse in einem Futtermittellabor. Dort wird das Heu auf Bakterien und Pilze untersucht. „Hat man den Verdacht, dass das Heu verdorben ist, sofort einschicken!“, meint auch Tierärztin Dr. Bernadette Linsbichler. Bis das Ergebnis einer derartigen Untersuchung vorliegt, vergehen allerdings rund zwei Wochen – als Sofortmaßnahme ist sie also ungeeignet. Im Verdachtsfall also den Ballen nicht weiter verfüttern.

Risiko für die Gesundheit

Lösungsansätze
